Kein Freibrief für "grüne" Gentechnik
Die Gentechnik birgt als junge Technologie noch zu viele ökologische Risiken, als das man einer breiten Anwendung aus verantwortungsethischer Sicht zustimmen könnte. Die Erklärung selbst beschränkt den Einsatz der Gentechnik auf jene Fälle, die „in geeigneter Weise und verantwortlich angewandt" durchgeführt werden.
Alle bisherigen landwirtschaftlichen Anwendungen im großen Maßstab zeigen jedoch, dass die Gentechnik für die große Gruppe der Kleinbauern wirtschaftlich völlig ungeeignet und ökologisch absolut verantwortungslos ist. In Indien hat der Anbau von gentechnisch veränderter Baumwolle hunderttausende Bauern in den wirtschaftlichen Ruin getrieben und tausende Bauern haben sich in Folge aus Verzweiflung das Leben genommen, begründet Ernst Sandriesser von der Konferenz der kirchlichen Umweltbeauftragten die generell ablehnende Haltung der Kirchen im deutschsprachigen Raum zum Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft.
Bereits vor der Tagung der Päpstlichen Akademie im Mai 2009 habe man Prof. Ingo Potrykus, den Leiter der Arbeitsgruppe, die Bedenken und die einseitige wissenschaftliche Besetzung der Tagung mitgeteilt. Es wurden vorwiegend Forscher aus der Gentechnikbranche eingeladen, aber kein einziger Vertreter des Biolandbaus. Das lässt berechtigte Zweifel am Ergebnis aufkommen, so Sandriesser. Auch ist Prof. Potrykus als Gründer des Golden-Rice-Projektes ein klarer Befürworter der Gentechnik und damit kein objektiver Beobachter dieser Entwicklung. Außerdem sind Projekte wie der Golden Rice, in denen es zumindest im Ansatz um die Bekämpfung des Vitamin A- Mangels in Entwicklungsländern geht, innerhalb der milliardenschwerden Gen-Forschung die absolute Ausnahme.
Zielsetzung der Arbeitsgruppe war „Nutzen und Risiken der Gentechnologie und anderer landwirtschaftlicher Praktiken auf der Basis heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis neu einzuschätzen". Auf die anderen landwirtschaftlichen Praktiken wie den hoch entwickelten und spezialisierten Biolandbau ist man aber im Schlussdokument nicht eingegangen.
Auch die Ergebnisse des Weltagrarberichtes wurden kaum berücksichtigt, der klar feststellt, „dass der entscheidende Faktor zur Bekämpfung des Hungers nicht die Steigerung der Produktivität um jeden Preis ist, sondern die Verfügbarkeit von Lebensmitteln und ihrer Produktionsmittel vor Ort. Die besten Garanten für die lokale Ernährungssicherheit sowie die nationale und regionale Ernährungssouveränität sind kleinbäuerliche Strukturen." Die Gentechnik bringt bisher mehr Probleme als Lösungen und lenkt das Forschungsinteresse nach wie vor einseitig auf patentierbare Produkte. Wer sich der Gentechnik kritisch gegenüber äußert, ist deshalb nicht technikfeindlich. Gemäß einer Studie des UNO-Umweltprogramms (UNEP) bietet der Biolandbau für arme Regionen Afrikas die beste Chance, um aus Elend und Mangelernährung auszubrechen. Bio-Kleinbetriebe können die Produktivität massiv erhöhen und zugleich die Bodenfruchtbarkeit regenerieren. Das führt zu erhöhter Lebensmittelsicherheit. Die kirchlichen Umweltbeauftragten sprechen sich auch klar für eine lokal angepasste und biologisch wirtschaftende Lebensmittelproduktion aus und erinnern die Konsumenten daran, dass sie mit ihrer Kaufentscheidung täglich über die Entwicklungen in der Landwirtschaft abstimmen.
Positionspapier der kirchlichen Umweltbeauftragten zur Gentechnik in der Landwirtschaft