Der St. Pöltner KA-Präsident Armin Haiderer: „Seit einigen Jahren beschäftigen wir uns von der Katholischen Aktion intensiv mit dem Thema Schöpfungsverantwortung. Die Resonanz ist ausgesprochen positiv."
Schöpfungsverantwortung betreffe jedenfalls unser eigenes tägliches Leben. Die Umweltgespräche seien ein Beitrag zum Nachdenken. Univ. Prof. Dr. Kurt Remele aus Graz und weitere Experten gaben Einblick in die Welt der Lebensmittelerzeugung und diskutierten Lösungsvorschläge für
eine ökologisch nachhaltige, für Tiere artgerechte und für den Menschen gesunde Ernährungsweise. Das Spannungsfeld zwischen Verzicht und Wohlstand, Kosten und Gewinn von Lebensqualität stellt uns vor viele Probleme und Fragen.
Remele vom Institut für Ethik und Gesellschaftslehre der Universität Graz sieht es als eine der größten Herausforderungen, die vorhandenen Güter gerecht zu verteilen. Größere soziale Gleichheit würde auch eine Steigerung der Lebenszufriedenheit bedeuten. Dies müsste gemeinsam mit Nachhaltigkeit kombiniert werden.
Er thematisierte vor allem den „langen Schatten der Viehzucht". Die Fleischproduktion trage laut einer Studie der Welternährungsorganisation FAO mehr zur Erderwärmung bei, als der globale Verkehr. Um 1 Kilogramm Fleisch zu erzeugen, brauche man 86 mal so viel Wasser als etwa 1 Kilo
Tomaten oder 64 mal so viel wie für Erdäpfel. Die Fleischproduktion produziere hohe Kosten, die auf die Allgemeinheit abgewälzt werden sollte. Wer kein Fleisch esse, habe keine Mangelerscheinungen zu
befürchten, Vegetarier würden sich sogar oft einer besseren Gesundheit erfreuen. Ernährungswissenschaftler empfehlen jedenfalls eine Reduktion des Fleischkonsums, so Remele. Das sei also gut für Gesundheit, Tiere und Umwelt.
Tiere haben Würde
Die Tierethik habe an Bedeutung gewonnen, was mit einem Abschied von einer rein anthropozentrischen Sichtweise zu tun habe. Jetzt werde auch die nichtmenschliche Umwelt beachtet: „Die neue postanthropozentrische Sicht ist: Tiere haben einen eigenen Wert und Würde, unabhängig von ihrer Nutzung." Das heiße etwa: kein willkürliches Töten oder Ausrotten von Arten. Das Wissen um Tiere habe sich weiterentwickelt. Auch in der Kirchengeschichte habe es vielerlei Bemühungen gegeben, auf den Wert der Schöpfung hinzuweisen. In der Bibel und unter vielen bekannten Heiligen
wie dem heiligen Franz von Assisi oder Philipp Neri fänden sich dazu ebenfalls vielerlei Hinweise. Auch Benedikt XVI. habe als Papst eindeutig Stellung gegen die Massentierhaltung bezogen. Im Christentum
habe es immer eine tierfreundliche Tradition gegeben, die zum Vegetarismus aufgerufen habe. Remele: „Ich glaube, dass Jesus heute Vegetarier wäre."
Papst Benedikt warnte vor Gentechnik
Klaus Faißner, Freier Journalist aus Wien, sprach über die „Gefahr Gentechnik - Eingriff in die Schöpfung". Faißner meinte, dass bei der Gentechnik Schranken aufgehoben werden würden, die die Natur vorgeschoben habe, etwa die Kreuzung nichtverwandter Spezies. Hier würden Wissenschaftler Gott spielen. Es gebe sogar Bestrebungen, Mischwesen zu schaffen aus Computertechnik und Lebewesen.
Bislang habe der Anbau gentechnikveränderter Pflanzen hierzulande aufgrund des Einsatzes der Bevölkerung und der Kirchen verhindert werden können. Der Buchautor und Journalist warnt: „Der Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft ist irreversibel." Einmal verbreitet, könne das
nicht mehr rückgängig gemacht werden. Es werde deshalb an der Gentechnik festgehalten, weil es hier um Geld und Macht gehe. Faißner gibt zu bedenken, dass Firmen immer wieder Schlupflöcher in gesetzlichen Regelungen fänden. Beispiele seien die Patentierung von Leben oder die
schnellere Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen durch das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP.
Der vormalige Papst Benedikt XVI. habe eindeutig vor Gentechnik und vor einem Überschreiten der letzten Schranken gewarnt. Dies erhoffe sich Faißner auch vom jetzigen Papst Franziskus.
Natascha Prey von der eNu Energie- und Umweltagentur NÖ ging schließlich der Frage nach, was gesunde Ernährung ist. Es gebe einen Berg widersprüchlicher Aussagen. Zentral sei für Kunden der Preis. Klimawandel oder umweltfreundlicher Einkauf seien dagegen noch nicht ganz in den Köpfen angekommen. Wenn Menschen auf Bio umsteigen, dann weil sie schwanger sind, stillen oder um Kindern Gesundes zu bieten.
Beim Thema Klimaschutz würden Konsumenten eher an den Bereich Mobilität denken als an Ernährung. Vielfach würden Informationen und damit auch Vertrauen fehlen. Dazu komme die Überforderung der Käufer, wenn etwa US-amerikanische Konzerne aus 60.000 Produkten hätten und deutsche
Supermärkte 300 verschiedene Senf-Sorten. Menschen seien bereit sich zu verändern, aber hätten eher keine Bereitschaft zu verzichten. Dazu komme, dass Wissen über Lebensmittel oft sehr kurzlebig sei. Ethisch bedenklich sei außerdem, dass noch nie so viele Menschen übergewichtig waren, aber gleichzeitig Hunderte Millionen hungern und noch nie so viele Lebensmittel weggeschmissen werden würden wie jetzt.
Gibt es trotzdem Tipps für eine gesundheitsbewusste Ernährung? Ja!
Obst und Gemüse seien sicher gesundheitsfördernd, aber sie sollten auch umweltverträglich hergestellt werden. Auch Bio, saisonal und fair gehandelt seien wichtige Kategorien. Und: Ernährung solle auch Freude machen.
Foto: Journalist Klaus Faißner, St. Pöltens KA-Präsident Armin Haiderer, Univ.-Prof. Kurt Remele, Moderatorin Lucia Göbesberger, Natascha Prey von der neu Energie- und Umweltagentur NÖ, Markus
Gerhartinger vom Umweltreferat der Erzdiözese Wien, St. Pöltens KA-Generalsekretär Axel Isenbart.