Prophetische Wächter der Ökologie - Zukunftsforum der Katholischen Aktion
Zu Ökologie und Schöpfungsverantwortung gibt es schon ausreichend viele Grundlagentexte, doch muss an der Umsetzung stärker gearbeitet werden, betonte Österreichs "Umweltbischof" Alois Schwarz. Dabei gelte es, auf "Hebelwirkungen" zu setzen und durch Handlungsmotivationen zu einem Wachsen, Gedeihen und Entfalten nachhaltiger Initiativen zu erlauben. Zu einem "Hebel für Veränderung" könne etwa die aktuell überprüfte Vorgabe an die Diözesen werden, ethisch zu investieren. Zudem müsse laut dem Kärntner Bischof das Beispiel von "Pionieren" in kirchlichen Reihen mehr ausgetauscht werden, damit diese mehr Nachahmer finden.
"Eine neue Zuschreibung von Verantwortlichkeiten ist nötig, sonst wird das nicht gehen", so der in der Bischofskonferenz für Ökologie zuständige Bischof. Auch der "Widerstand derer, die es sich gerichtet haben", müsse dabei in Kauf genommen werden.
Schwarz sprach sich für die Installierung von Einzelpersonen in den Diözesen aus, die "prophetische Wächter für Fragestellungen der Ökologie" sind: Bereits das Einbringen und Nachfragen dieses Themas als ein "Herzensanliegen" könne sehr viel verändern, so der Bischof. Diözesen hätten einen großen Spielraum für weitere Maßnahmen, wie etwa der Klimabündnis-Beitritt zweier Diözesen - Linz und Gurk/Klagenfurt - zeige. Etliche kirchliche Einrichtungen wie Bildungshäuser, Schulen und Pfarren seien bereits Träger des Nachhaltigkeits-Zertifikat EMAS. Schwarz hob zudem das Wirtschaftsethikinstitut Stift St. Georgen hervor, das Firmen hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit prüft und zertifiziert: Die Kirche wolle sich hier als "Gesprächspartner" einbringen.
Auf Ebene der Pfarren gebe es viele "engagierte, schöpfungsbewusste Gestalter des kirchlichen Lebens", betonte Schwarz. Immer öfter würden Möglichkeiten wie die umweltbewusste Gestaltung von Pfarrfesten oder die Energieausweis-Erstellung für Kirchengebäude genutzt, weitere Anstrengungen seien jedoch notwendig. Die Pfarren sollten etwa weiter dazu angeregt werden, ihren eigenen Energieverbrauch sowie auch die Art der Energiegewinnung zu überprüfen und den schon existierenden "guten Beispielen" zu folgen. Genaues Hinschauen und neuer Umgang seien auch bei Lebensmitteln notwendig, um einer "Wegwerfmentalität" entgegenzuwirken.
Dass sich bereits Papst Franziskus' Vorgänger wegweisend zu Ökologie geäußert hatten, betonte Umweltminister Andrä Rupprechter. Er verwies auf Leo XIII., der in "Rerum novarum" mit seinen Prinzipien Personalität, Solidarität und Subsidiarität die Schöpfungsverantwortung der Kirche grundgelegt habe sowie auch die katholisch-soziale Bewegung, als deren Anhänger sich der Bundesminister deklarierte.
Der Minister hob zudem den heiligen Franziskus hervor, der in seinem eigenen Lebenswandel als auch durch sein Wirken auf ähnliche Weise ein Vorbild für radikale Veränderung gewesen sei wie auch Jesus selbst. "Gestalten heißt Verändern, denn Entwicklung geschieht nur aus Veränderung", so Rupprechter.
Persönliche Rahmenbedingungen im Kleinen müssen sich mit politischen ergänzen, damit ein "ressourcenleichter Lebensstil" erreicht werden kann, legte Hans Holzinger von der Salzburger Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen (JBZ) dar. Menschen würden Veränderungen nur dann selbst in ihrem Lebensstil vornehmen, wenn sie erkennen, "dass sie ihnen selbst gut tun". Gleichzeitig müsse jedoch auch die Politik für einen Rahmen mit Rechten und Pflichten sorgen. Die bisherige informationsbasierte Strategie sei gescheitert, da sie keine Verhaltensänderung auf breiter Basis bewirke: "Die Alarmglocken schrillen, doch sie werden überhört", so der Zukunftsforscher.
Vom heutigen Wohlstand werde die Mehrheit der Menschheit ausgeschlossen und die Natur ausgebeutet, zudem würden selbst die Nutznießer des Wohlstands im Stress versinken - "der Mensch ist die Krone der Erschöpfung", so Holzinger pointiert. Eine Wohlstands-Neudefinition sei fällig, die neben BIP pro Kopf auch die Einkommensverteilung, die gesellschaftliche Ausgrenzung und den ökologischen Fußabdruck beinhalten solle. Weiters forderte der Wissenschaftler eine Neuverteilung der Arbeit, eine "Kultur des Genug" und der Inklusion, sowie Umgebungen der kurzen Wege. Die Kirche könne durch ihre Einrichtungen viel zu diesem neuen Bewusstsein beitragen.
Beiträge für die Suche nach den eigenen Handlungsspielräumen der Menschen forderte Energiewirtschafts-Expertin Elisabeth Friedbacher vom Umweltbundesamt als Reaktion auf Holzingers Impulsvortrag von der Kirche. Sinnvoll sei etwa stärkerer Austausch in den Pfarren über die "EMAS"-Nachhaltigkeitszertifizierung. Der Direktor der Wiener Universität für Bodenkultur, Martin H. Gerzabek, verwies auf die kirchlichen Schulen, in denen Umwelthandeln am besten vermittelt werden könnte. Positiv-Beispiele seien auch das Caritas-Projekt LEO (Lebensmittel und Orientierung) oder die "tollen Ansätze" nachhaltigen Wirtschaftens in vielen Stiften und Klöstern.
Der Grazer Klimaforscher Gottfried Kirchengast appellierte an die Bischöfe, in ihren Diözesen Strategien zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu entwickeln und sich zu diesen Prinzipien bekennen. Unterstützung und Kompetenz gebe es dazu in Österreich längst, auch innerhalb der Kirche. Auf operativer Ebene schlug Kirchengast vor, in jedem Entscheidungsgremium eine Person zu verankern, die für die Einhaltung der Grundsätze Ressourcen- und Energieeffizienz Sorge trage. Alle Zeichen würden derzeit darauf deuten, dass die demnächst veröffentlichte Enzyklika dazu substanzielle moralischen Rückhalt geben werde, so der Experte.